Positionspapier an den Heidelberger Gemeinderat zu den Beratungen zum Doppelhaushalt 2021/2022
Heidelberg, 18.03.2021
Das Queere Netzwerk Heidelberg besteht seit 2015 und umfasst aktuell 18 queere Gruppen aus Heidelberg und der Region und möchte Ihnen als Vertretung der in Heidelberg aktiven lsbtiq+ (lesbische, schwule, bisexuelle, trans, inter, queere) Vereine und Initiativen noch einmal herzlich dafür danken, dass Sie die Bewerbung Heidelbergs in das Rainbow Cities Network unterstützt haben. Dank Ihrer Stimme zum Beitritt und dem damit einhergehenden Strukturaufbau von lsbtiq+ Projekten ist unsere Stadt nicht nur Mitglied im Rainbow Cities Network, sondern Heidelberg wird dank Ihres Einsatzes queerer und vielfältiger.
Die Mitgliedschaft ist ein weit sichtbarer Schritt hin zu einem offenen und pluralen Heidelberg, in der lsbtiq+ Menschen selbstverständlicher, sichtbarer und gleichberechtigter Teil der Stadtgesellschaft sind. Wir sind stolz darauf, dass wir als Queeres Netzwerk Heidelberg sowohl mit dem Amt für Chancengleichheit im Rahmen des Runden Tischs sexuelle und geschlechtliche Vielfalt wie auch durch die Arbeit unserer einzelnen Mitglieds- Initiativen einen großen Beitrag zu diesem wichtigen Schritt leisten konnten.
Mit dem Beitritt in das Rainbow Cities Network hat sich der Heidelberger Gemeinderat selbstverpflichtet, als eine von nur ca. 40 Städten weltweit eine Vorreiter*innenrolle und Vorbildfunktion in der Sicherung von Akzeptanz und gleichen Rechten von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans, inter und queeren Menschen zu übernehmen. Die Entscheidung des Heidelberger Gemeinderats vom Mai 2019, dem Rainbow Cities Network beizutreten, erfolgte auf Basis klar benannter Zielsetzungen, die im Zuge der Mitgliedschaft umzusetzen sind. Diese müssen nun angegangen werden – und die Mitgliedschaft mit Leben gefüllt, damit Heidelberg wirklich eine Rainbow City sein kann. Wie der Koordinator des Rainbow Cities Network bereits bei Heidelbergs Aufnahme im vergangenen Jahr erklärte, ist die Mitgliedschaft als Startpunkt zu betrachten. Unsere gemeinsame Arbeit beginnt erst jetzt. Wir freuen uns, Sie hier an unserer Seite zu haben.
Auf Basis der Entscheidung des Heidelberger Gemeinderats bewarb die Stadt Heidelberg sich mit drei konkreten Projekten, um den Diskriminierungsschutz, das Empowerment, die Sichtbarkeit und die Sicherheit von lsbtiq+ Menschen in unserer Stadt zu gewährleisten. In der Bewerbung wurde klar, dass es Aufgabe der Stadt Heidelberg ist, diese Projekte zu sichern und auszubauen. Dieses Versprechen gilt es nun umzusetzen und die bisherigen ehrenamtlichen Strukturen sowie projektbasierten Anschubförderungen in ein integratives, nachhaltiges Konzept zu überführen, das Heidelberg als Rainbow City gerecht wird.
Der Zustand der Projekte ist auch ein halbes Jahr nach dem Beitritt noch immer prekär. Sie verfügen über keine Planungssicherheit. Ihrer Aufgabe, die Situation von queeren Menschen in Heidelberg nachhaltig verbessern zu können, können sie nicht im nachgefragten Umfang nachkommen. Die enorme Ehrenamtsleistung, die queere Initiativen in ihren Angeboten seit Jahren aufbringen, kann nicht mehr die wichtigste und teilweise sogar einzige Ressource sein, um die Durchführung und Weiterentwicklung von Angeboten abzusichern. Es bedarf solider Basisstrukturen.
Wir fordern daher den Gemeinderat auf, den eigenen Rainbow City Zielsetzungen nachzukommen und die benannten lsbtiq+ Projekte in Heidelberg zu sichern.
(1) Das Heidelberger lsbtiq+ Beratungs-, Antigewalt- und Präventionsangebot von PLUS Rhein- Neckar e.V. wurde als Aufbauprojekt zu einer Fachstelle von der Stadt Heidelberg vor nun einigen Jahren bestätigt. Doch seitdem stagniert die Finanzierung; ohne die geplante Weiterentwicklung droht der bisherige Anschub zu verpuffen. Beratungstermine sind so weit im Voraus ausgebucht, dass akute Fälle nicht ausreichend betreut werden können. Mit der Antigewaltarbeit konnte bisher nicht begonnen werden. Wir fordern die geplante Aufstockung in der Finanzierung zu realisieren.
(2) Ebenso müssen die Stellenkapazitäten von Queer Youth, der lsbtiq+ Jugendgruppe im Jugendtreff Kirchheim (Träger: Internationaler Bund), ausgebaut werden, um Jugendlichen in Heidelberg zu ermöglichen, in sozialen Austausch zu kommen, sowie ihnen die Unterstützung bieten zu können, die ihnen in anderen Lebensräumen immer noch fehlt. Wir fordern die geplante Aufstockung in der Finanzierung zu realisieren.
(3) Das Queer Festival Heidelberg wurde bereits 2009 gegründet. . Es ist damit das älteste Festival seiner Art in Deutschland und hat eine Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus. Es bietet uns die seltene Möglichkeit, in einem sicheren und lockeren Umfeld positive queere soziokulturelle Erlebnisse zu haben. Aus einer kleinen ehrenamtlichen Initiative heraus, ist das Festival in den letzten Jahren rasant gewachsen und kann nachhaltig in der derzeitigen Größe keineswegs weiterhin ehrenamtlich gestemmt werden. Ohne Unterstützung für Professionalisierung und Existenzsicherung steht es dadurch nun kurz davor eingestellt zu werden. Wir fordern die Stadt Heidelberg auf, das Festival in die verdiente finanzielle Förderung zu bringen, auch damit bereits vorhandenes ehrenamtliches Engagement nicht ins Leere läuft.
Diese drei Angebote benötigen jetzt und nachhaltig Sicherheiten, um in die Zukunft blicken zu können. Wir wollen Sie dazu einladen, mit uns daran zu arbeiten, dass Heidelberg zu einer Rainbow City wird. Nutzen Sie Ihre Stimme in den anstehenden Haushaltsberatungen für die Gestaltung der Zukunft Heidelbergs.
Das queere Netzwerk möchte Sie bitten, in den kommenden Jahren die Unterstützung für Projekte, Vereine und Gruppen zu den Schwerpunkten Queer-Feminismus, lesbische Sichtbarkeit und lesbisches Gedenken, Schutz von queeren Menschen vor Gewalt, Förderung von Vielfalt und Respekt in Schule und Bildung, queere Sichtbarkeit, Stärken von queeren Selbstvertretungen, Stärkung von Regenbogenfamilien, Respekt und Akzeptanz von queeren Menschen in der Arbeitswelt, Schutz von queeren Geflüchteten und queeres Leben im Alter im Blick zu behalten – um sowohl für die Community selbst, als auch in der Außenwirkung und über die Stadtgrenzen hinaus eine attraktive Rainbow City zu sein.
Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Unterstützung und freuen uns auf das gemeinsame Miteinander in der Rainbow City Heidelberg!
Das Queere Netzwerk Heidelberg
Zusammenschluss Heidelberger Initiativen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
Anmerkung: lsbtiq+ entspricht: lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter*, queere, und alle weiteren dieser Bevölkerungsgruppe zugehörigen Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Geschlechtsausdrucks und/oder ihrer Geschlechtsmerkmale strukturelle Ausgrenzung und Benachteiligung erfahren.