Stellungnahme – Heidelberg, 22.03.2024

Geschrieben von: Lennart Linke (er/ihn), Queerfeministisches Kollektiv Heidelberg

Im Stadtblatt des 20. März bejubelt AfD-Gemeinderat Bartesch die Wahlumfrage einer Schwulenapp1, welche die AfD als beliebteste Partei (mit 22.3%) ergab. Der Knackpunkt: Diese Umfrage war weder repräsentativ noch verlässlich, eine Umfrage des Portals queer.de verbuchte Anfang des Jahres die Grünen mit 40% auf Platz 12. Diese Umfragen ergeben also die unterschiedlichsten Ergebnisse. Methodische Mängel der Befragung halten Bartesch nicht davon ab, Schwule sofort für seine politische Agenda zu instrumentalisieren. Er begründet den scheinbaren Zuspruch für seine Partei damit, dass Homosexuelle begriffen hätten, „von wem wirklich Gefahr für ihre Sicherheit ausgeht“. Hier soll suggeriert werden, Homofeindlichkeit würde durch Einwanderung erst nach Deutschland kommen. Die AfD versucht lieber Minderheiten, Schwule und Flüchtlinge, gegeneinander aufzubringen, anstatt Homofeindlichkeit in allen Gesellschaftsschichten entgegenzutreten. Im Gegenteil, die AfD befeuert Vorteile lieber selbst und will Diskriminerungsschutz streichen3.

Weiterhin behauptet der AfD-Gemeinderat, dass Schwule als angeblich „als linke Waffe gegen Familie und Gesellschaft ausgedient haben“. Tatsächlich war es die AfD, welche 2017 sich dagegenstemmte, gleichgeschlechtlichen Paaren Ehe, Adoption und somit Familiengründung zu ermöglichen. Ebenso behauptet Bartesch, Schwule seien „nicht mehr queer genug“, daher „nicht mehr erwünscht“ und würden „hinter die „Grenzen der Toleranz“ [fallen], wie es die Heidelberger Erklärung für Vielfalt postuliert“. Tatsächlich ist es so, dass Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transpersonen (kurz LSBTIQ oder queer) im Kampf gegen Diskrimierung und für Gleichberechtigung eng verbunden sind. Wir stehen solidarisch zueinander, denn nur gemeinsam sind wir in queeren Netzwerken stark! Die von der AfD so kritisierte Heidelberger Erklärung für Vielfalt betont auch den Schutz der queeren Community und grenzt sich gegen Intoleranz, wie die der AfD ab4. In Gemeinderat fällt Bartesch durch penetrante Queerfeindlichkeit5 auf und interessiert sich wohl nur für Homosexuelle, wenn es seinem Wahlergebnis guttun könnte. So bezeichnete er die Unterstützung von Jugendlichen, welche als queere Personen häufig Verunsicherung oder Mobbing erleben, als „Angriffe auf die seelische Gesundheit von Jugendlichen“. Ginge es nach Bartesch, soll Heidelberg als Rainbow City keinen Cent in Beratungsangebote oder das Queerfestival investierten. Vielmehr verunglimpft er uns als Anhänger*innen einer „kranken Ideologie“. Verhält sich so jemand, der sich für die Belange von Schwulen interessiert?

Keine andere im Gemeinderat vertretene Partei polemisiert und arbeitet gegen die queere Gemeinschaft wie die AfD. Ihr Versuch, uns zu spalten und Homosexuelle für ihre Zwecke zu benutzen, wird scheitern. Denn wir stehen zusammen gegen Ausgrenzung und Hass!

Quellen:
[1] https://www.heidelberg.de/Stadtblatt/start/stimmen+aus+dem+gemeinderat.html

[2] https://www.queer.de/detail.php?article_id=48802

[3] https://www.lsvd.de/de/ct/426-Die-Homophobie-der-AfD- zeine-unberechenbare-Alternative

[4 ] https://www.heidelberg.de/hd/HD/service/02_02_2024+gemeinderat+verabschiedet+_heidelberger+erklaerung+fuer+ein+zusammenleben+in+vielfalt_.html
[5] https://www.heidelberg.de/site/Heidelberg2021/get/documents_E873554011/heidelberg/Objektdatenbank/20/PDF/Haushalt%202023%202024/Reden%20Fraktionen/20_pdf_Rede_Afd_Rede_%C3%84nderungsantr%C3%A4ge_Haushalt_TB_Mai_2023.pdf

Pressemitteilung Heidelberg, 09.02.2024

Am 23. Januar 2024 befasste sich der Runde Tisch geschlechtliche und sexuelle Vielfalt Heidelberg mit LSBTIAQ+ Geschichte und Erinnerungskulturen.

Im Austausch mit den Expert*innen wird deutlich:
Geschichte von lsbtiaq+ Menschen in Heidelberg und der Region ist vielfältig, freud- und leidvoll und weist eine Fülle an kämpferischen Beispielen auf, in denen Repressionen wie auch wegweisende Lebenswege er- und vor-gelebt wurden.
Jahrhundertelange Diskriminierung, Ignoranz und Verfolgung queerer Lebensweisen führten dazu, dass diese Geschichte(n) zu finden, beforschen und sichern mühsam, zeit- und kostenintensiv ist. Um aktuelle Entwicklungen fachgerecht zu historisieren und Ergebnisse zukunftsfähig aufzubereiten, bedarf es angesichts der Verlagerung von historischen Wissensbeständen in online Räume spezieller und gesonderter Mittel, um den Herausforderungen einer lokalen Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert gerecht zu werden.

Den Vertretungen des Kulturamts, des Kurpfälzischen Museums, des Stadtarchivs und der Universitätslehre wurden Projekte der institutionalisierten und der autonomen queer-feministischen Geschichtsforschung vorgestellt, etwa Stadtrundgänge, Ausstellungen und Publikationen ebenso kreative Methoden der Geschichtsvermittlung wie das Verteilen von Archivschatullen, damit die Quellen von heute privat gesichert und an Bewegungs- und öffentliche Archive für Morgen übergeben werden können.

An erster Stelle steht dabei: Städtische Bemühungen um queer-feministische LSBTIAQ+ Geschichtsforschung und Erinnerungskultur sind substantiell auf die Zusammenarbeit mit und Mitwirkung der queer-feministischen Community angewiesen. So können beispielsweise der öffentlichen Überlieferung nicht zugängliche Quellenbestände gesichert, verzeichnet und tradiert werden.

Das Queere Netzwerk Heidelberg fordert daher die Stadt und die Universität Heidelberg sowie regionale Institutionen zum gemeinsamen Arbeiten an folgenden Handlungsfeldern auf:

  1. Vielfältiges Gedenken
  2. Vielfältige Erinnerungskultur
  3. Sicherung von sogenannten Bewegungsquellen
  4. Kooperation mit Bewegungsarchiven
  5. Archivierung von LSBTIAQ+ Geschichte
  6. Integration von LSBTIAQ+ Themen in die städtische Archiv-, Museums-, Sammlungs-, Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit
  7. Förderung von Forschung und Bildungsangeboten zur Heidelberger LSBTIAQ+ und feministischen Geschichte
  8. Förderung von intergenerationalen, partizipativen und kreativen Projekten, die sich aus verschiedenen Perspektiven mit LSBTIAQ+ und feministischer Geschichte befassen
  9. Einbezug der genannten Aspekte in die Frauenstadtgeschichte

Darüber hinaus laden wir alle Interessierten herzlich ein, in diesem Jahr queer-feministische Geschichte in der Region mit uns zu feiern:

1) Am 27. April und 8. Juni feiert die Lesbisch-Schwule Geschichtswerkstatt Rhein-Neckar das Jubiläum von 30 Jahren lesbisch-queer-feministischer Geschichtsforschung und -vermittlung mit dem Dyke*March Rhein-Neckar und einem Jubiläumsstadtspaziergang. Details folgen unter www.dykemarchrheinneckar.de

2) Das Queer Festival Heidelberg zelebriert diesen Mai sein 15-jähriges Jubiläum. Die Eröffnung ist am 3. Mai im Karlstorbahnhof (Südstadt). Details unter www.queer-festival.de

3) Die Beratungsstelle PLUS wird dieses Jahr 25 Jahre alt und lädt ein zum Jubiläumsvortrag am 28. Februar im Marchivum und zum Picknick am anderen Ufer am 4. August in Mannheim. Details folgen unter www.plus-rheinneckar.de


Pressemitteilung, 08.01.2024, Heidelberg:

Im Jahr 2024 wird es endlich soweit sein, nach vielen Jahren Engagement im und mit dem Queeren Netzwerk, unzähligen Aktionen, Demonstrationen und Gesprächen wird es dieses Jahr endlich einen Raum, einen Ort für die queere Community Heidelbergs geben: in den Räumen des ehemaligen Karlstorkinos wird der Queer Space Heidelberg eröffnen!

Der genaue Eröffnungstermin hängt von der Übergabe der Räumlichkeiten an den Trägerverein ab, hier sind noch keine exakten Zeitpläne aus der Verwaltung bekannt, es wird mit einer Übergabe im März gerechnet.

Der Trägerverein des Queer Space der aus dem Queeren Netzwerk Heidelberg entstanden ist, lädt deshalb die lesbische, schwule, trans, inter, nicht binäre und agender Personen – die gesamte queere Community aus Heidelberg, herzlich dazu ein sich in der Organisation und Raumgestaltung des Queer Spaces einzubringen.

Jennifer Bihr, aus dem Vorstand von Queer Space Heidelberg e.V. dazu: “Der Queer Space soll ein selbstverwalteter Safer(er) Space für die queere Community in Heidelberg und Umgebung sein, in der wir uns frei entfalten können. Damit dieser Traum in Erfüllung gehen kann, steht aber noch einiges an Arbeit an – wie Renovierungen, Finanzierung und Fundraising und natürlich noch einige organisatorische Themen.”

“Damit wir diese Aufgaben transparent und gemeinsam als Community angehen können, laden wir deshalb alle Interessierten ein, dabei zu sein, die eigenen Ideen einzubringen, den Queer Space aktiv mit zu gestalten und sich mit anderen Engagierten auszutauschen. Dabei ist es nicht wichtig, ob ihr schon seit Jahrzehnten in der Community aktiv seid oder euch seit kurzem als Teil der Community identifiziert. Jeder Beitrag, den ihr einbringen möchtet, ist wertvoll”, so Anna Roth, Vorständin Queer Space Heidelberg e.V. weiter.

Der Queer Space Heidelberg e.V. lädt am 17. Januar 2024 um 19.30 Uhr im Haus der Jugend, Römerstraße 87, Heidelberg zum ersten offenen Planungstreffen ein. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Weitere Termine folgen mit einem zweiten Planungstreffen am 22. Februar 2024, 20 Uhr, Haus am Harbigweg, Harbigweg 5, 69124 Heidelberg, einem Bau-, Bastel- und Gestaltungstermin für den “Queer Space” am 23. und 24. März 2024 und dem dritten Planungstreffen am 30. März 2024, 19.30 Uhr. Die Details zu den Terminen werden im Vorfeld rechtzeitig bekannt gegeben.


Mit Veranstaltungen in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen umrahmen die Trans*Aktionswochen den Internationalen Gedenktag „Trans Day of Remembrance“ am 20. November.

Sie zielen auf Aufklärung und Sichtbarkeit geschlechtlicher Vielfalt und Empowerment für trans*, nicht-binäre und inter* Menschen.

Das bunte Programm bietet dieses Mal wieder zahlreiche Workshops, Vorträge und Lesungen, politische Aktionen, Sportveranstaltungen, künstlerische Beiträge, Beratungsangebote und Filmvorführungen.

Organisiert werden diese von zahlreichen Gruppen, Vereinen und Institutionen in der Region sowie der LSBTI-Beauftragung der Stadt Mannheim und der Koordinationsstelle LSBTIQ+ im Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg.
 
Das ganze Programm findet sich auf den folgenden Webseiten: www.heidelberg.de/lsbtiq und www.mannheim.de/taw, sowie auf Facebook: Trans_Aktionswochen Rhein-Neckar und Instagram: @transaktionswochen

Lieber Gemeinderat,

im April 2023 wurde die Heidelberger Sicherheitsbefragung durchgeführt und vor kurzem wurden die ersten Ergebnisse veröffentlicht. Leider spiegeln die Ergebnisse unsere Erfahrung als queere Community wider. Zwar wird Heidelberg als eine sichere Stadt empfunden, dennoch ergab die Studie, “dass vor allem Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LSBTI) sexualisierte Herabwürdigungen und Feindlichkeiten als erhebliches Problem sehen“.

Queere Menschen und ihre Lebenswelten sowie ihre Sicherheit werden in Heidelberg noch nicht ausreichend berücksichtigt. Übergriffe auf queere Menschen, rechtsextreme Schmierereien, Sachbeschädigungen und Anfeindungen bei öffentlichen und Community-Veranstaltungen, wie zum Beispiel Queer Festival, OPEN DYKES oder der Reihe „Gender als Politikum“, und die alltägliche Diskriminierung von queeren Menschen in ihren Lebenswelten machen deutlich, dass die bisherige städtische Unterstützung nicht genügt, um Diskriminierung und Gewalt entgegenzutreten und zu unterbinden.

In Zeiten queerfeindlicher und antifeministischer Radikalisierung, der Zunahme von Hass und Angriffen auf queere Menschen braucht es umfassende Schutzkonzepte, einen Ausbau und eine Sicherung queerer Angebote sowie eine umfassende städtische Strategie zur Stärkung queeren Lebens, damit Heidelberg für queere Menschen zum positiv erlebbaren und sicheren Lebensort wird.

Deswegen bitten wir Sie, folgende Forderungen, die aktuell auch in die Haushaltsverhandlungen eingebracht wurden, anzuerkennen und umzusetzen:

  • (Stellen-)Ausbau der Koordinationsstelle LSBTIQ+
  • Zuschusserhöhung für das Queer Festival Heidelberg
  • Zuschusserhöhung für die Fach-, Präventions- und Beratungsstelle PLUS e.V.
  • Anschaffung von queeren Kinder- und Jugendbuchkoffern
  • Erhöhung städtischer Fördermittel für queere Projekte

Wir wollen, dass die Anti-Gewaltarbeit und Anti-Diskriminierung bei der Beratungsstelle PLUS e. V. weiter ausgebaut wird und die Unterstützungsangebote für Opfer und Betroffene queerfeindlicher Gewalt erweitert werden können.

Das Queer Festival schafft Sichtbarkeit für queere Kreativität und Kunst und ist in seiner Strahlkraft nach außen und in die Stadt hinein bundesweit einzigartig. Es eröffnet außerdem den unverzichtbaren Raum der Begegnung für die gesamte Stadtgesellschaft und fördert so die Akzeptanz queerer Menschen. Es darf nicht sein, dass ein Heidelberger Leuchtturmprojekt wie das Queer Festival im nächsten Jahr zum 15. Jubiläum nicht mehr in der notwendigen, von der Community gewünschten und Stadtgesellschaft erwarteten Form stattfindet, weil dessen Grundsicherung nicht gewährleistet wird.

Die Anschaffung queerer Kinder- und Jugendbuchkoffer kann die Vielfalt von Lebensrealitäten sichtbarer und niedrigschwellig zugänglich machen, sodass queere Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützt werden können und früh vermittelten Vorurteilen gegenüber queeren Menschen begegnet werden kann.

Die Koordinationsstelle LSBTIQ+ muss ausgebaut werden, da durch die zunehmende Sichtbarkeit und das (ehrenamtliche) Engagement der queeren Community auch die Zuständigkeiten und das Arbeitspensum der Koordinationsstelle zunehmen. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, braucht es mehr Stellenanteile. Diese Stellen benötigen ebenfalls ein größeres Budget, um den weitergehenden Strukturaufbau und die Stärkung der LSBTIQ+ Community zu unterstützen. Die Förderung kommt ebenfalls lokalen Ehrenamtlichen und Kulturschaffenden zugute, die sich durch ihre Programme für queere Belange einsetzen.

Gerade in Zeiten wie heute, in denen vielerorts sogar die Existenzberechtigung von queeren Menschen in Frage gestellt und ihre Sicherheit bedroht wird, bauen wir auf Ihre Unterstützung. Gleichzeitig erklären wir uns solidarisch mit allen Menschen, die in Heidelberg von sexistischer, antifeministischer, rassistischer, antiziganistischer, antisemitischer oder behindertenfeindlicher sowie anderer Formen von Hassgewalt betroffen sind und unterstützen die entsprechenden Forderungen zum Ausbau entsprechender Strukturen und Angebote.

Machen wir gemeinsam Heidelberg zur sicheren Rainbow City für alle Menschen.

Mit besten Grüßen
Das Queere Netzwerk Heidelberg